
“Und jetzt formen wir unseren Mund wie ein Fisch”, gibt Ruth Plégnière die Anweisung an die Chormitglieder der “Klouschterband”, die sich jede Woche zur Chorprobe im Cipa “Beim Klouschter” in Howald einfinden. Vor dem eigentlichen Singen werden Atemübungen durchgeführt und der Unterkiefer massiert. “Das sieht manchmal lustig aus”, gesteht die SERVIOR-Mitarbeiterin, und die über zwanzig Senioren aus ihrem Sängerregiment nehmen die sogenannten “warm ups” zu Beginn jeder Chorstunde mit Humor und Gelassenheit. Dann stimmen alle in ein “Happy Birthday” ein, denn eines der Chormitglieder hat Geburtstag. Anschließend spielt Ruth Plégnière, die Gitarre in der Hand, die Anfangsakkorde des 1959 komponierten Schlagers “Kriminal-Tango” von Hazy Osterwald. Mit viel Herzblut und einer mysteriös-anmutenden Stimmung singen die Senioren von “dunklen Gestalten” in der “nächtlichen Taverne”. Fleißig wird zur Zeit in Howald geprobt, denn am 28. Mai steht ein Konzert der “Klouschterband” im SERVIOR-Cipa in Bofferdingen ins Haus.
“Ich habe mit vier Senioren angefangen. Mittlerweile sind wir um die 25”, betont Ruth Plégnière, die seit über sieben Jahren im Cipa “Beim Klouschter” als Erzieherin arbeitet und sozusagen die musikalischen Zügel des SERVIOR-Hauses in ihren Händen hält. Die wöchentliche Chorprobe der “Klouschterband” ist nur eines der Tätigkeitsfelder der Mitarbeiterin, die eine spezifische Ausbildung in Musikgeragogik absolvierte. Ruth Plégnière erklärt wie man mit Musik auch dementiell erkrankte Menschen erreichen kann. “Musik berührt die Menschen. Sie kann ein Türöffner für die Seele sein. Mit Musik bringen wir Farbe in den Alltag der Senioren”, weiß die Dirigentin der “Klouschterband” zu berichten und erzählt, welche Kraft Töne und Rhythmus gerade auf betagte und kranke Menschen ausüben können. “Durch Musik fangen Leute mit Sprechen an oder fangen an zu schunkeln oder verändern einfach nur den Gesichtsausdruck”, ergänzt Ruth Plégnière, die während ihrer Ausbildung an der Fachhochschule in Münster den Schwerpunkt auf die Dualität Musik und Palliativpflege legte. “Durch Musik kann man unendlich viel bewegen”, sagt die motivierte Musikerin und präsentiert ihr “Rhythmus-Rollator” – ein mit perkussiven Instrumenten vollgestopfter Gehwagen. Die Musikgeragogin dreht mit diesem ambulanten Musikwagen ihre Runden über die Stockwerke und besucht vor allem an Demenz erkrankte Senioren. “Viele Augen leuchten beim Anblick und vor allem beim Geräusch von Glöckchen, Rasseln, Tamburins, Klangstäben, Handtrommeln u.v.m., was die Erzieherin in ihrem eigens konzipierten “Rhythmus-Rollator” mitführt. All diese Musikinstrumente setzt sie in ihren therapeutischen Aktivitäten – neben der menschlichen Stimme – ein.
Durch den Gesang können Menschen Zugang zur Musik bekommen, die noch nie zuvor mit der “ars musica” in Berührung kamen. Auch Senioren, die ihr geliebtes Musikinstrument nicht mehr spielen können, bekommen durch den Gesang wieder Lust an der Musik. Deshalb sei es wichtig unterschiedliche Musikangebote sowie verschiedene Lieder- und Rhythmusmodule “in petto” zu haben, um auf die Bedürfnisse und Interessen der einzelnen Bewohner eingehen zu können, versichert die Musikgeragogin.
Neben der wöchentlichen Chorprobe der “Klouschterband” gibt es einen freien Liedernachmittag und auch Gospelproben. Hinzu kommen intergenerationelle Projekte mit Kindern, wo Mini-Musicals eigens einstudiert werden. Kinder aus einer Einrichtung singen dann Seite an Seite mit den Bewohnern des SERVIOR-Hauses in Howald. Viele Projektideen hat Ruth Plégnière, aber zunächst konzentriert sie sich auf das anstehende Konzert der “Klouschterband” in Bofferdingen.
Und wer am 28. Mai keine Zeit hat, der musikalischen Begegnung der “Klouschterband” im Cipa “Am Park” beizuwohnen, der hat übers Jahr mehrmals die Gelegenheit die Chormitglieder “live” zu erleben, beispielsweise am Muttertag oder an Weihnachten. Am Klavier begleitet übrigens stets der Hausherr, Direktionsbeauftragter Xavier Thiéry. Wenn wir auch nicht wissen, was “da zwischen Tag und Morgen in der nächtlichen Taverne beim Tango geschah”, gewiss ist, dass viele Stunden Musik im SERVIOR-Haus in Howald erklingen!
Artikel im Luxemburger Wort vom 3. Juli 2019: