Der Gipfelstürmer : Der 93-jährige Camille Meres aus dem SERVIOR-Haus “Beim Klouschter” erinnert sich an seine Besteigung des Mont Blanc

08/08/19 | Catégorie

Es geschah am 8. August 1786 um 18.23 Uhr: Jacques Balmat und Michel-Gabriel Paccard erreichten als erste Menschen den höchsten Gipfel Europas. Genau 233 Jahre nach der Erstbesteigung des Mont Blanc schildert Camille Meres, der seit zwei Jahren im Cipa “Beim Klouschter” in Howald wohnt, seine Erinnerungen an seinen Aufstieg zum “König der europäischen Berge”.

Zusammen mit seinem Freund Ernest aus Zoufftgen reiste der damals 50-jährige Camille Meres nach Chamonix. Von dort ging es mit der Bahn bis nach St. Gervais und schließlich – in 24 Stunden – per pedes zum 4.810 Meter hohen Mont Blanc-Gipfel.  “Den Ernest an ech waren a Form an hunn alles iwwerholl, wat do gaangen ass”, beschreibt der Senior die ersten Gehstunden. Doch der Aufstieg über die schneebedeckte “voie normale” erwies sich nach der ersten Nacht als sehr anstrengend. “Et war e Calvaire well ech an der Nuecht net richteg recuperéiert hat”, erklärt Camille Meres. Sein Freund musste ihn öfters am Seil hochziehen. Nach einer kleinen Rast im “Refuge Vallot” (4362) hatte er seine Kräfte zurück und es ging munter weiter: “Mat e puer Drëpse Kaffi ass et gaang”. Camille Meres blieb nicht jene 24 Minuten die Balmot und Paccard auf dem Gipfel ausharrten, denn es sei kalt und sehr windig gewesen, ergänzt Camile Meres. Und so entschied man sich für einen zügigen Abstieg. Als die beiden Bergsteiger am “Aiguille du Midi” ankamen, war die letzte Gondel des Téléphérique allerdings längst abgefahren. “Mir haten zwou Méiglechkeeten: Entweder eis dohin ze leeë fir ze schlofen oder ze Fouss op Chamonix erofzegoen”, erzählt der ehemalige Bankangestellte. Camille und Ernest fassten den Entschluss, durch die Dunkelheit der Nacht den beschwerlichen Weg nach Chamonix durch den Schnee zu stapfen. Im Wald war der einzige Orientierungspunkt der Mond. Gegen 3 Uhr morgens waren beide im Wintersportort Chamonix angekommen.

Eigentlich bewertet Camille Meres seine einmalige Besteigung des Mont Blanc nicht als etwas Außergewöhnliches. Der höchste Berg der Alpen war auch nicht sein höchster Gipfel: Im Nepal erreichte er die 5.200 Meter Marke. Er liebt das Bergsteigen, die Berge und vor allem die Dolomiten. Wie viele Berge er insgesamt bestiegen hat, kann er nicht sagen.  Er hat sämtliche Touren im Team durchgeführt und war stets an eine erste Person angeseilt. “Ech wollt net den Eischte sinn, mä als Zweeten ass ee geséchert. Ech wollt ëmmer gär geséchert sinn“.

Das Gefühl von Sicherheit erlebt Camille Meres auch jetzt im hohen Alter. Nach einem Schlaganfall vor zwei Jahren ist er auf Hilfe angewiesen, gesichert lebt er sein Alltag zusammen mit seiner Frau in einer “chambre communicante” des SERVIOR-Hauses “Beim Klouschter”, wo er sich sehr wohl fühlt und liebevoll betreut wird. Hier kann der Senior in den Erinnerungen an seine vielfältigen sportlichen Tätigkeiten schwelgen.

Im Jahre 1969 trat Camille Meres in die alpine Vereinigung GAL (Groupe Alpin Luxembourgeois) ein, wo er während 40 Jahren an unzähligen Touren im In- und Ausland teilgenommen hat. Bevor es in der Coque eine Kletterwand gab, fuhr er jede Woche nach Arlon zum Klettern. Bis ins hohe Alter von fast 90 Jahren konnte man den Familienvater regelmäßig in der Coque an der Kletterwand antreffen. Auch die Felsen des Müllertals kannte er wie seine Westentasche. Wurde er von seiner in Esch lebenden Familie eingeladen, so lief er stets zu Fuß von der Hauptstadt in die Minettemetropole während seine Frau mit dem Auto fuhr. Auch auf dem Drahtesel legte Camille Meres unzählige Kilometer zurück – und das ebenfalls bis ins hohe Alter. Nicht weniger als sechs Mal fuhr er die 220 Kilometer der Bodenseerundfahrt. Bei Ausflügen mit dem Freundeskreis seiner Bank nach Reims oder Antwerpen fuhr er stets einen Tag früher mit dem Fahrrad in die jeweiligen Orte. “Ech war ëmmer den eelsten”, unterstreicht Camille Meres insbesondere in Bezug auf seine große Leidenschaft: das Klettern. Wenn er von seinen waghalsigen Touren durch die alpinen Landschaften erzählt, funkeln die Augen des 93-jährigen, der nie Angst hatte – auch nicht auf dem Mont Blanc.

Schauen Sie auch die Reportage auf RTL TELE Lëtzebuerg vom 11. September 2019:

https://www.rtl.lu/lifestyle/news/a/1402226.html